Die 45. Internationale Alt-Katholische Theologenkonferenz beschäftigte sich vom 3. bis zum 7. September 2017 mit dem Thema „Die Herausforderung durch die Anderen“ im Zinzendorfhaus in Neudietendorf bei Erfurt.
Die Herausforderung durch die Anderen wurde in mehrfacher Weise behandelt: Prof. Dr. Charlotte Methuen (Glasgow), Dr. Stefanos Athanasiou (Bern) und Dr. Martin Bräuer (Bensheim) gaben Einblick, wie sie als anglikanische Theologin, als orthodoxe und als evangelische Theologen die altkatholische Theologie in ihrer Alltagspraxis und theologischen Programmatik wahrnehmen. Nach den ökumenischen Perspektiven von außen wurde der Blick nach innen und anschließend von innen nach außen gerichtet: In welcher Weise lassen wir uns durch neue theologische und gesellschaftliche Fragestellungen zur theologischen Besinnung darauf herausfordern, was Sakrament und Sakramentalität heute bedeuten? Dr. Mattijs Ploeger (Utrecht) stellte seine Überlegungen zur Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften vor den Hintergrund altkatholischer Communio-Theologie. Dr. Eleonora Hof (Amsterdam) fragte nach den theologischen und praktischen Herausforderungen, welche die Begegnung mit „Anderen“ im diakonischen und missionarischen Kontext mit sich bringt, besonders wenn dies auf der Grundlage von Partnerschaft und Gleichwertigkeit geschehen soll, wie dies in neueren theologischen und kulturwissenschaftlichen Forschungsansätzen, zum Beispiel in den Postcolonial Studies, methodisch reflektiert wird. Neben den genannten Referaten beschäftigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz in Workshops mit liturgischen Formularen für die Sakramente von Taufe und Firmung sowie für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, wie sie in den letzten Jahren in mehreren altkatholischen Kirchen entstanden sind. In weiteren Workshops standen pastoral-diakonische Projekte wie die Obdachlosenseelsorge in den Niederlanden und das gesellschaftliche Engagement der Iglesia Filipina Independiente im Mittelpunkt, welches diese philippinische Schwesterkirche mit ihrer Forderung nach Solidarität als einem Ausdruck von Katholizität verbindet.
Die Konferenz kam in ihren Diskussionen und Gesprächsgruppen zu vertieften Einsichten in die Bedeutung von Anderssein für altkatholische Theologie und Praxis. Wie prägt unsere Begegnung mit Anderen unsere eigene persönliche, theologische und ökumenische Identität, wozu fordern andere Stimmen uns heraus? Wie gehen wir mit neuen Herausforderungen um, aufgrund welcher Quellen und mit welchen theologischen Methoden gehen wir in die Diskussion? Zu den ökumenischen Beziehungen, von denen altkatholische Theologie und Praxis sich traditionellerweise herausfordern und formen lassen, treten in jüngster Zeit verstärkt auch das Interesse an interreligiösen Begegnungen, ebenso wie die explizite Auseinandersetzung mit säkularen Welterfahrungen und Kontexten. Während die Erfahrung von Anderssein oder Alterität konstitutiv für Begegnungen und Gespräche, jegliche Form von Gemeinschaft und sogar für das Gelingen von Synodalität ist, sind sowohl die eigene Offenheit für andere Perspektiven als auch ein gesundes kirchliches Selbstbewusstsein Voraussetzungen für einen konstruktiven Umgang mit „Anderen“.
Die gemeinsame Feier des Stundengebets in der Kirche der Brüdergemeine, die Feier der Eucharistie und die gastfreundliche Atmosphäre im Zinzendorfhaus, die Vorstellung wissenschaftlicher Forschungsprojekte und der Ausflug nach Erfurt trugen ebenfalls zum Gelingen der Konferenz bei.
Die 46. Internationale Alt-Katholische Theologenkonferenz wird vom 26. bis zum 30. August 2019 in Wislikofen (Schweiz) stattfinden.
Neudietendorf, 7. September 2017