Die 46. Internationale Altkatholische Theologenkonferenz, die vom 26.-30. August 2019 in Wislikofen/AG (Schweiz) stattfand, befasste sich mit „Nähe, Distanz und Macht. Kirche und Seelsorge im #MeToo-Zeitalter“ und griff damit ein aktuelles Thema auf, das Gesellschaft und Kirche beschäftigt.
In einem ersten Themenkreis kamen die Massnahmen und Leitlinien zur Sprache, die in den letzten Jahren in mehreren altkatholischen Kirchen, aber auch in den zur Anglikanischen Gemeinschaft gehörenden Kirche von England und in der Convocation of Episcopal Churches in Europa zur Prävention von Missbrauch erarbeitet worden sind. Der Informationsaustausch wurde in den grösseren historischen Kontext gesellschaftlicher Transformationsprozesse bezüglich Geschlechterrollen und Sexualität hineingestellt, wie sie sich seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zumindest in westlich geprägten Gesellschaften vollziehen und für den gesamtgesellschaftlichen Diskurs als bestimmend erweisen. Auch Kirchen sind Teil solcher gesellschaftlichen Veränderungsprozesse und müssen darauf reagieren.
Ein zweiter Themenkreis widmete sich Macht, Amt und Geschlecht. «Amt» wurde dabei zum einen auf Geistliche bezogen, aber auch in mehreren Statements spezifischer aus Sicht eines Bischofs, einer Synodepräsidentin und eines Dirigenten beschrieben. In allen Darstellungen zeigte sich, dass Macht – ähnlich wie Autorität – immer durch Formen der Anerkennung (bisweilen auch der Aberkennung) durch andere gekennzeichnet ist; das Nachdenken über Macht hat sich heute – nicht zuletzt unter Einfluss kritischer Theorien wie der feministischen Theologie oder moderner Denkerinnen und Denker wie Michel Foucault – immer auch mit Machtbeziehungen und Macht-in-Beziehung auseinanderzusetzen. Unter den genannten Aspekten betrachtet, ist Macht immer eine gestaltete Form des Miteinanders, die in demokratischen und synodalen Systemen immer der Rechenschaftsverpflichtung unterliegt.
Der dritte Themenkreis schloss bei den beiden vorangegangenen an und stellte seelsorgerliche Macht und Grenzüberschreitung in seelsorgerlichen Beziehungen in den Mittelpunkt. Dabei wurde die Verantwortung des Seelsorgers bzw. der Seelsorgerin in pastoralen Beziehungen hervorgehoben. Workshops zu den Themen Jugendseelsorge, Traumatherapie und kirchliches Engagement in sozialen Brennpunkten zeigten die Vielfältigkeit des Themas und die Breite sozialer Beziehungen und pastoraler Verantwortung auf.
An der Tagung nahmen etwa 35 zumeist im Bereich der Seelsorge arbeitende Personen aus der Schweiz, Deutschland, Österreich, Polen und den Niederlanden teil. Für kleine Kirchen wie die alt-katholischen es sind, stand die Frage nach einer guten Balance zwischen Nähe und Distanz in Beziehungen immer im Hintergrund, bei dieser Konferenz nun stand die Thematik unter einem bis dahin noch nie so explizit ausgeleuchteten Horizont. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer äusserten am Ende denn auch den Wunsch, die Thematik in den nächsten Jahren weiter zu vertiefen, etwa in einer künftigen Internationalen Altkatholischen Theologenkonferenz; zunächst aber soll das Thema in jeder einzelnen altkatholischen Kirche weiterwirken und zu vertiefter Sensibilisierung und allenfalls weiteren konkreten Handlungsanleitungen führen.
Die Vorbereitungsgruppe der Internationalen Altkatholischen Theologenkonferenz
1. September 2019