Drei neue Bischöfe für die Mar Thoma Kirche
Die Begeisterung war ansteckend, als am Samstag 2. Dezember in Thiruvalla (Indien) die drei neuen Bischöfe der Mar-Thoma-Kirche geweiht wurden. Sie waren: Saju C. Pappachen Ramban, Mathew K. Chandy Ramban und Joseph Daniel Ramban. Letzterer setzte nach seiner Priesterweihe seine theologischen Studien in Bern am Institut für Christkatholische Theologie fort. Dort erwarb er auch seinen Doktortitel. Er ist ein sympathischer Mann, der es versteht, Menschen zu begeistern. So organisierte er während seines Studiums zwei Mar-Thoma-Gemeinden in der Schweiz, von denen eine in einem altkatholischen Kirchengebäude ihr Zuhause fand. Die dauerhafte Verbindung mit dem Berner Theologischen Institut und unserer Schweizer Schwesterkirche fand ihren konkreten Ausdruck in der Anwesenheit von Prof. Dr. Angela Berlis, die eigens zu diesem Anlass nach Indien gereist war.
Ich war als Vertreter der Utrechter Union bei der Ordination anwesend. Angesichts der bevorstehenden Unterzeichnung der kirchlichen Gemeinschaft zwischen der Mar Thoma Kirche und der Utrechter Union, die für den kommenden Februar geplant ist, nahm diese Anwesenheit eine besondere und freudige Note an. Ich wurde nicht nur offiziell willkommen geheißen, sondern der theologische Dialog zwischen den beiden Kirchen wurde vom Metropoliten in seinem Beitrag zur “Gratulationssitzung”, die auf die Ordination folgte, ausdrücklich und anerkennend erwähnt. Die Mitglieder der Kommission, Bischof John Okoro und Bischof Harald Rein (als Beobachter), sowie die Theologen Peter-Ben Smit und Adrian Suter verdienen im Übrigen Glückwünsche für ihre Arbeit. Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Westliche Gemeinschaft von katholischen Kirchen die kirchliche Gemeinschaft mit einer orientalischen Kirche erreicht. Es ist unmöglich ohne eine solide theologische Reflexion, die tiefer in die Gründe und Hintergründe der Trennung eindringt, die so früh in der Existenz des Christentums schon eine Tatsache war. Umso erfreulicher ist es, wenn man in der Lage ist, mehr als 1.600 Jahre der Trennung zu überbrücken. Deshalb ist eine solche Einigung nicht nur ein Beitrag zur ökumenischen Bewegung, sondern auch ein Ansporn für sie. Eine solche Herausforderung ist nicht zufällig auf dem Weg der Utrechter Union entstanden!
Die Konsekration dauerte etwa vier Stunden. Eine Anhäufung von Symbolen und in jedem Augenblick fast ein Verweis auf die Kirche der ersten Jahrhunderte. 15000 Gläubige waren anwesend. Unter einem großen Zelt versammelt, sangen und beteten sie wie aus einem Mund. Tausende verfolgten die Liturgie auf großen Bildschirmen, die hier und da in der Umgebung aufgestellt waren. Die Zahl der Zuschauer der You-Tube-Übertragung lag nur wenige Stunden nach der Zeremonie bei hunderttausend. Die Lebendigkeit dieser Kirche und das Engagement der Gläubigen sind mit Händen zu greifen. So groß diese Kirche auch ist, sie ist eine Gemeinschaft. Gegen Ende der Zeremonie wird der Bischof auf einem Stuhl über das Volk gehoben, um den Beifall eben dieses Volkes entgegenzunehmen.
Im Namen des Erzbischofs von Utrecht, der IBK und der gesamten altkatholischen Gemeinschaft habe ich meine Glückwünsche ausgesprochen. Darin hob ich die Ergebnisse des Dialogs hervor, aber auch die fast natürliche Art und Weise, in der sich unsere beiden Gemeinschaften begegneten. Eine Begegnung, die nach Einschätzung beider Gemeinschaften nicht ohne Folgen bleiben konnte. Was unsere beiden Gemeinschaften verbindet, ist nicht nur ihr Bezug zur Kirche der ersten Jahrhunderte, sondern auch ihr Wunsch, der Realität ihrer eigenen Kultur und Gesellschaft nahe zu sein. Die Mar-Thoma-Kirche ist nicht nur in der Verkündigung missionarisch, sondern vielleicht noch mehr in ihren sozialen Projekten. Christen haben es in Indien nicht leicht, aber das bedeutet nicht, dass sich die Mar Thoma-Kirche in sich selbst auf ihrer eigenen Insel einschließt, wo angeblich Sicherheit garantiert wäre. In unserem säkularisierten Kontext ist diese Art von Isolation auch nicht erstrebenswert. Wir werden in dieser neuen Schwesterkirche sicherlich Anregungen finden, kreative Wege zu gehen, um der Verkündigung des Evangeliums auch in unserem Kontext zu dienen, wie sehr wir uns auch von unserer eigenen Tradition unterscheiden. Übrigens war ich auch erstaunt darüber, wie selbstverständlich die Anwesenheit von Vertretern sowohl der hinduistischen als auch der muslimischen Gemeinschaft empfunden wurde. Die Mar Thoma Kirche scheint alles andere als einseitig zu sein!
Am Tag nach der Weihe erlebten wir den ebenso begeisterten Empfang des neuen Bischofs Joseph Mar Ivanios in seinem Heimatdorf. Die ganze Gegend war voll von Plakaten mit seinem Bild, und mehr als tausend Gläubige nahmen an der Eucharistiefeier teil, der er vorstand. Auch danach gab es eine so genannte “Glückwunschveranstaltung”, bei der ich die Ehre hatte, der Hauptprediger zu sein. Ich habe dort betont, dass der neue Bischof ein echter Brückenbauer ist. Dies spiegelte sich übrigens auch in der Anwesenheit von Vertretern der örtlichen Verwaltung, der muslimischen und der hinduistischen Gemeinschaften wider. Alle betonten ihren Stolz, dass der neue Bischof in ihrer Mitte aufgetaucht ist. Etwas Besonderes war zum Beispiel auch die Übergabe eines Geschenks durch Klassenkameraden der Grundschule. Alle sind Hindus. Aus Ehrfurcht vor dem geistlichen Führer, der ihr ehemaliger Mitschüler geworden war, verbeugten sie sich einer nach dem anderen vor ihm und berührten mit ihren Händen seine Füße. Bischof Joseph Mar Ivanios ist also ein außergewöhnlicher Mann, der auch in der Beziehung zu unseren Kirchen noch viel bedeuten kann.
Text: Emeritierter Erzbischof Joris Vercammen