Die Anglikanische Kirchengemeinschaft

Die Beziehungen zwischen Anglikanern und den deutschsprachigen Altkatholiken beginnen um das Jahr 1870, zu der Zeit, als sich die altkatholische Bewegung in Reaktion auf die Papstdogmen des Ersten Vatikanums bildete.[1]

In der anglikanischen Kirche in England und Nordamerika verfolgte man die Auseinandersetzungen um das Erste Vatikanum auf dem europäischen Kontinent mit großem Interesse. Während der evangelikale Flügel der englischen Kirche die Gemeinsamkeit mit den Altkatholiken vor allem in der Opposition gegen Rom sah, vermutete man im anglokatholischen Flügel in den Altkatholiken und ihrem Festhalten an der Überlieferung der alten ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends zu Recht Geistesverwandte.

Auch auf altkatholischer Seite war man an Kontakten interessiert. Bei den ersten Kongressen der Altkatholiken (die ab 1871 zunächst jährlich stattfanden) waren hochrangige anglikanische Gäste anwesend. Beim zweiten Kongress in Köln (1872) wurde eine Unionskommission gebildet, die die ökumenische Arbeit in Angriff nehmen sollte. Im Beisein anglikanischer und orthodoxer Kongressgäste einigte sich die Unionskommission auf mehrere Prinzipien, die als Grundlage der Wiedervereinigungsverhandlungen gelten sollten: der Glaube der alten Kirche, die Anerkennung der Hl. Schrift als oberster Norm, die Anerkennung der Gottheit Christi und seiner Kirchengründung. Dies alles sollte mit den Methoden der historischen Bibel- und Dogmenkritik angegangen werden. Beim dritten Altkatholiken-Kongress im September 1873 in Konstanz wurde (neben einer Unterkommission für die Gespräche mit den Orthodoxen) eine Unterkommission für die Gespräche mit den Anglikanern gebildet. Der Vorsitzende dieser Kommission war Ignaz von Döllinger. 1874 und 1875 berief er die “Bonner Unionskonferenzen” ein, “die bedeutendsten ökumenischen Gespräche im 19. Jahrhundert”.[2]

Die erste Bonner Unionskonferenz (1874) nahm vierzehn Thesen an, die im Wesentlichen von Döllinger verfasst waren.[3] Offen blieb bei der Konferenz die Frage der Gültigkeit der anglikanischen Weihen. Joseph Hubert Reinkens, seit 1873 gewählter und geweihter erster Bischof für die Altkatholiken des Deutschen Reiches, und Döllinger sahen hinsichtlich deren Anerkennung keine Schwierigkeiten, aber die orthodoxen Teilnehmer an der Unionskonferenz übten hier einige Zurückhaltung. Und auch inner-altkatholisch sollte sich die Frage der Gültigkeit der anglikanischen Weihen als das Haupthindernis erweisen, wodurch es bis 1931 dauern sollte, bis es zum Abschluss einer Übereinkunft kam.

Die Bonner Unionskonferenzen stießen in der Kirche von England auf unterschiedliche Reaktionen: den Evangelikalen waren die Ergebnisse der Konferenz zu katholisch, die Anglokatholiken wiederum befürchteten, die Annäherung an die Altkatholiken könne die Annäherung an Rom erschweren. Außerdem war man der Ansicht, dass die Konferenz (insbesondere in der Frage des filioque) den Orthodoxen gegenüber zu viel nachgegeben hätte. Die scharfen Reaktionen von Anglokatholiken wie Edward Bouverie Pusey in der englischen Presse trugen mit dazu bei, dass Döllinger von der Abhaltung einer dritten Unionskonferenz absah. Trotzdem machten die Gespräche bei den Bonner Unionskonferenzen deutlich, dass trotz ihrer unterschiedlichen Geschichte die Altkatholiken und Anglikaner (und die Orthodoxen!) theologisch viel miteinander verband.

Entwicklung der Beziehungen bis 1925

In der Zeit zwischen 1870 und 1880 ist die Rede von einem großen Interesse an- und Wohlwollen füreinander. Der christkatholische Bischof der Schweiz, Eduard Herzog, erklärte 1879/80 sogar eine Kirchengemeinschaft mit der anglikanischen Kirche Schottlands und der amerikanischen Episkopalkirche.

1878 brachte die Lambeth-Konferenz aller anglikanischen Diözesan-Bischöfe ihre Sympathie für die altkatholischen Anliegen zum Ausdruck: “Wir begrüssen mit Freuden jedes Streben nach einer Reform nach dem Muster der alten Kirche. Wir verlangen keine strenge Einförmigkeit, wir wollen keine nutzlosen Trennungen.”[4]

Im Jahr 1883 beschloss die deutsche Synode, den Mitgliedern der englischen Kirche zu gestatten, das Abendmahl in altkatholischen Kirchen unter beiderlei Gestalt zu empfangen.

Trotz solcher Bemühungen um Kontakte waren in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts auch Rückschläge zu verzeichnen. Denn neben Annäherungen wie diesen gab es auch Stagnation: Die Altkatholische Kirche der Niederlande stand den Anglikanern reserviert gegenüber und erkannte die Gültigkeit der anglikanischen Weihen nicht an. Dies hatte zur Folge, dass die Unionspläne ins Stocken kamen: Denn nachdem sich die altkatholischen Bischöfe 1889 zur Utrechter Union zusammengeschlossen hatten, konnten sie in wichtigen Fragen wie dieser nur noch gemeinsam vorgehen.

1888 bezeichnete die Lambeth-Konferenz die Förderung der freundschaftlichen Beziehungen mit den altkatholischen Kirchen in Deutschland und der Schweiz als Pflicht. Ausserdem stellte sie fest, dass die Altkatholiken “unter denselben Bedingungen wie unsere eigenen Kommunikanten zur hl. Kommunion” zugelassen werden sollten. Dies war eine Anerkennung “der Bereitwilligkeit, die sie [sc. die Altkatholiken] gezeigt haben, Mitgliedern unserer eigenen Kirche geistliche Vergünstigungen anzubieten”.[5]

Noch wichtiger als diese Entscheidung war aber die Annahme des sog. “Lambeth Quadrilateral” durch diese Lambeth-Konferenz. Darin wurde die Haltung der anglikanischen Kirche zur Frage der Wiedervereinigung festgelegt. Als Grundlagen für eine Wiedervereinigung gelten: die Schriften des AT und NT, das apostolische und das nizänische Glaubensbekenntnis, die Sakramente der Taufe und der Eucharistie sowie der historische Episkopat.

Dieses Quadrilateral enthält das, was auch nach altkatholischer Überzeugung Grundelemente der Katholizität der Kirche sind: Die auf der Grundlage der Schrift stehende Kirche ist katholisch in ihrer Lehre (durch Anerkennung der beiden ökumenischen Glaubensbekenntnisse), in ihrem Gottesdienst (die Feier der Sakramente, insbesondere Taufe und Eucharistie, steht im Mittelpunkt kirchlichen Handelns) und in ihrem Festhalten am historischen Episkopat. Das hier Gesagte  muß mitgedacht werden, wenn im Text des Bonner Abkommens von “Katholizität” die Rede ist.

Will die Annäherung zwischen Kirchen gelingen, so darf sie nicht nur in Theologenstuben und Bischofsversammlungen durchdacht und angeregt werden, sondern bedarf der Unterstützung durch die ganze Kirche. Wichtige Arbeit leistete hier die Anglo-Continental Socitety in England, die sich seit den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts für die Übersetzung und die Verbreitung altkatholischen Schriftgutes in England einsetzte. 1908 wurde in England die “Society of St. Willibrord” ins Leben gerufen. Sie stellte sich die Aufgabe, die Kontakte auf der Ebene der Gemeindemitglieder zu fördern und so an der Basis das Verständnis füreinander vergrößern. Heute sind in verschiedenen Ländern Willibrord-Gesellschaften aktiv.

Schließlich kam es im Jahr 1925 zu einem wichtigen weiteren Schritt. Die altkatholische Kirche der Niederlande erklärte “ohne jeden Vorbehalt, dass die apostolische Sukzession in der Kirche von England nicht unterbrochen wurde”.[6]

Mit dieser Erklärung war die letzte Hürde beseitigt und die Internationale Altkatholische Bischofskonferenz verlieh noch im gleichen Jahr ihrer “Hoffnung auf eine künftige engere Gemeinschaft mit der Kirche von England und ihren Tochterkirchen auf wahrhaft katholischem Boden” Ausdruck.[7]

Fünf Jahre später sprach sich auch die Lambeth-Konferenz für die “Wiedervereinigung mit den Altkatholiken” aus.[8]

Das Bonner Abkommen von 1931

Am 2. Juli 1931 traf sich die von der Lambeth-Konferenz eingesetzte achtköpfige anglikanische Delegation mit vier Vertretern der altkatholischen Kirchen in Bonn.[9] Nach einer gegenseitigen Befragung am Vormittag – die Altkatholiken befragten die Anglikaner u.a. zur Autorität der Lambeth-Konferenz und zum Stellenwert der 39 Artikel in der anglikanischen Kirche, die Anglikaner die Altkatholiken zur Autorität der hl. Schrift und zum Eucharistieverständnis -, wurde in der Nachmittagssitzung ein Entwurf vorgelegt. Nach einer eingehenden Diskussion wurden schließlich die drei Sätze angenommen, die wir als “Bonner Abkommen” kennen:

“1. Jede Kirchengemeinschaft anerkennt die Katholizität und Selbständigkeit der andern und hält ihre eigene aufrecht.

2. Jede Kirchengemeinschaft stimmt der Zulassung von Mitgliedern der andern zur Teilnahme an den Sakramenten zu.

3. Interkommunion verlangt von keiner Kirchengemeinschaft die Annahme aller Lehrmeinungen, sakramentalen Frömmigkeit oder liturgischen Praxis, die der andern eigentümlich ist, sondern schliesst in sich, dass jede glaubt, die andere halte alles Wesentliche des christlichen Glaubens fest.”[10]

Am 7. September 1931 nahm die Internationale Altkatholische Bischofskonferenz das Interkommunions-Abkommen an, am 20. und 21. Januar 1932 wurde es von den Konvokationen von Canterbury und York ratifiziert. In den Folgejahren folgten sämtliche anglikanischen Kirchenprovinzen dem Beispiel der Kirche von England.

Der 1931 verwendete Begriff “Interkommunion” wurde 1961 im Zuge der Vereinheitlichung des ökumenischen Sprachgebrauchs seit der 3. Weltkirchenkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund 1952 in “full communion” umgewandelt.

Aus heutiger Sicht sind die wichtigsten Kennzeichen dieses Abkommens: Erstens, die Anerkennung der anderen Kirche als katholisch und die Konzentration auf das, was dabei wesentlich ist. Zweitens, die Auffassung, dass Katholisch-sein nicht Uniformität bedeutet, sondern dass sich gerade in der Vielfalt der Reichtum, die Fülle erweist. Drittens, die Einsicht, dass Kirchengemeinschaft ihren zentralen Ort in der Feier der Sakramente, in der Eucharistie hat. Durch den Empfang des Leibes Christi werden wir immer wieder neu zum Leib Christi. 1981 wies der reformierte Ökumeniker Lukas Vischer bei einem Festvortrag anlässlich der 50-Jahrfeier des Bonner Abkommens auf dessen implizite Ekklesiologie hin: Die Kirche werde hier verstanden als eucharistische Gemeinschaft, unter der Leitung des bischöflichen Amtes, das dazu dient, “jede einzelne örtliche Kirche in ihrem Leben und Zeugnis zusammenzuhalten und zugleich das gemeinsame Leben und Zeugnis aller örtlichen Kirchen in einer umfassenden konziliaren Gemeinschaft zu ermöglichen.”[11]

Im Rückblick und aus der Erfahrung späterer ökumenischer Übereinkünfte müssen aber auch kritische Bemerkungen darüber gemacht werden: Erstens enthält das Bonner Abkommen keine “Ausführungsbestimmungen”, wie es ins Leben der beiden Kirchengemeinschaften umgesetzt werden soll; zweitens werden keine Überlegungen zu den nicht-theologischen Faktoren angestellt, die in der Praxis jedoch eine wichtige Rolle spielen (etwa sprachlich-kulturelle Unterschiede); und drittens ist es zwar eine Erklärung der gegenseitigen Anerkennung (des So-Seins der anderen Kirche), aber es werden keine Herausforderungen im Hinblick auf die Gestaltung des künftigen gemeinsamen Lebens und Zeugnisses der beiden Kirchen formuliert. Die Vision der Kirche, so Lukas Vischer 1981, komme im Bonner Abkommen nicht wirklich zum Zuge. Das Abkommen stelle keine “Kommunion” her, die beiden Kirchen benähmen sich seit dem Abschluss der Vereinbarung “nicht als eine Gemeinschaft von örtlichen Kirchen.”[12]

Entwicklungen von 1931 bis heute

Im Dritten Reich wurde das Aufrechterhalten der Beziehungen durch die politischen Entwicklungen erschwert, zum Teil praktisch verunmöglicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Deutschland durch die vermehrte Präsenz von Anglikanern aus Großbritannien und den USA, die mit den Besatzungsmächten ins Land gekommen waren, altkatholisch/anglikanische Beziehungen in neuer Weise vor Ort aufgebaut. Seit den fünfziger Jahren unterstützen altkatholische Kirchen anglikanische Missions- und Entwicklungsprojekte finanziell und materiell.

1965 wurde das Bonner Abkommen von altkatholischer Seite aus auf die Philippinische Unabhängige Kirche, die Reformierte Episkopalkirche in Spanien und die Lusitanisch-Katholische Apostolisch-Evangelische Kirche in Portugal ausgeweitet.

Immer wieder kam es zu Belastungen für die Beziehungen. Solche Belastungen resultierten nicht zuletzt daraus, dass das Bonner Abkommen zwar die grundsätzliche theologische Übereinstimmung festgestellt, aber damit keine Vorschläge für die Gestaltung des Abkommens in der Praxis verbunden hatte. So mußte man aus der Erfahrung lernen, dass es gut ist, sich gegenseitig über bestimmte Entwicklungen zu konsultieren bzw. zu informieren.

Für den theologischen Austausch miteinander dienten von 1957 bis 1993 die anglikanisch/altkatholischen Theologenkonferenzen, die in regelmäßigen Abständen zu verschiedenen Themen arbeiteten. Mehrere Jahre lang fanden in den neunziger Jahren Treffen junger altkatholischer und anglikanischer Theologinnen und Theologen statt. Im Sommer 2005 fand im Zusammenhang mit dem bevorstehenden 75jährigen Jubiläum in Leeds (England) eine gemeinsame Konferenz zum Thema “Anglikanische und Altkatholische Ekklesiologien: Auf dem Weg zu weiteren Konvergenzen” statt.[13]

1998 wurde von den Erzbischöfen von Canterbury und Utrecht der “Anglikanisch/Altkatholische Internationale Koordinierende Rat” (AOCICC) gegründet. Die Aufgabe dieses Rates ist es, zu untersuchen, auf welche Weise und auf welchen Gebieten eine verstärkte Zusammenarbeit möglich ist. Dazu informieren die Mitglieder des Rates einander bei ihren jährlichen Zusammenkünften über laufende Entwicklungen in beiden Kirchengemeinschaften sowie über den Stand ökumenischer Beziehungen zu dritten Kirchen. Außerdem werden Empfehlungen an die eigenen Kirchen formuliert, wo weitere Zusammenarbeit möglich ist. Das Mandat dieses Rates war anfangs auf fünf Jahre festgelegt; seit 2005 arbeitet der Rat in neuer Konstellation und mit neuem Mandat weiter. Wichtige Akzente der Arbeit werden auf der Behandlung ekklesiologischer Fragen und der Förderung der Zusammenarbeit anglikanischer und altkatholischer benachbarter Gemeinden in Kontinentaleuropa liegen.

Aber auch über andere Aspekte wird nachgedacht, sei es im AOCICC oder bei den seit einigen Jahren üblich gewordenen Treffen europäischer altkatholischer und anglikanischer Bischöfe. Eine wichtige Frage ist, welche Gestalt das gemeinsame Zeugnis von Altkatholiken und Anglikanern in Europa annehmen kann. Die Grundlage der Zusammenarbeit ist Vertrauen. Im Bonner Abkommen ist es bereits grundgelegt: Das Vertrauen, dass die andere Kirche in all ihrer Unterschiedlichkeit und bisweilen auch Fremdheit die Katholizität lebt. Altkatholiken und Anglikaner haben einander viel zu geben – auf theologischem, spirituellem und praktischem Gebiet. Zusammengefasst gesagt, geht es vielleicht darum, dass wir uns gegenseitig in unserer Katholizität (be)stärken. Dazu gehört wesentlich das Bewußtsein, dass Katholisch-Sein immer auch Reform und Erneuerung einschließt. Dabei können und sollen wir auch einander kritisches Korrektiv sein. Denn wahre Geschwisterschaft offenbart sich nicht in gegenseitiger Vergötterung, sondern in liebevoller Kritik und von Zuneigung getragener Offenheit füreinander.

Die Zusammenarbeit geschieht im gemeinsamen gottesdienstlichen (meist eucharistischen) Feiern als Ausdruck des gemeinsamen Zeugnisses, aber auch im Teilen von Charismen und Gaben, als Kirchen und als Einzelne. In den letzten Jahrzehnten ist das Bewusstsein gewachsen, dass weiter gehenderes Zusammenwirken als bisher möglich und nötig ist. Dazu gehört, auch schwierige Themen anzuschneiden, wie etwa die Frage der überlappenden Jurisdiktionen in Kontinentaleuropa (neben den altkatholischen Jurisdiktionen bestehen insgesamt vier anglikanische Jurisdiktionen in Kontinentaleuropa: die Diözese der Kirche von England, die Konvokation amerikanischer Kirchen in Europa, die portugiesisch-lusitanische und die spanische Kirche). Konkret nimmt die Zusammenarbeit vielerlei Gestalt an: auf der Ebene der Bischöfe etwa in der Teilnahme an Konsekrationen von Bischöfen der anderen Kirche, in der Firmung in der Schwesterkirche oder in gemeinsamen Beratungen; auf der Ebene der Geistlichen in der gegenseitigen Hilfestellung in pastoralen Notfällen, in der Vertretung bei Gottesdiensten oder in der Teilnahme an Pastoralkonferenzen; des weiteren im guten Kontakt und der Freundschaft zwischen Ortsgemeinden und zwischen Einzelpersonen, im gemeinsamen Gebrauch eines Kirchengebäudes oder in gemeinsamen Veranstaltungen. Die offizielle internationale Feier des 75jährigen Jubiläums unter Teilnahme des Erzbischofs von Canterbury und des Erzbischofs von Utrecht fand am 9. August 2006 in Freiburg statt. So wurde die alte “Tradition” der Teilnahme von Anglikanern an Altkatholiken-Kongressen aufgegriffen. Doch zeigt das Thema des Kongresses, “Hoffnung, die in uns lebt. Altkatholiken und Anglikaner in Europa”, dass aus den ehemaligen anglikanischen Gästen schon lange gute Bekannte, Freunde und Geschwister geworden sind. Die gemeinsame Eucharistiefeier, aber auch die Vorträge von Erzbischof Dr. Rowan Williams und Erzbischof Dr. Joris Vercammen sowie das anschließende Forum-Gespräch haben viele Impulse für die Gestaltung des zukünftigen Miteinanders gegeben. In einem am Ende des Kongresses beschlossenen Communiqué wird daran erinnert, dass sich Anglikaner und Altkatholiken seit 1931 “durch theologische Reflexion, praktische Zusammenarbeit vor Ort, aber auch durch andere Faktoren wie Migration oder gesellschaftliche Herausforderungen immer näher gekommen sind.” Deshalb rief der Kongress dazu auf, “die beim Kongress erlebte und gefeierte Gemeinschaft zwischen unseren beiden Kirchen weiter zu vertiefen, vor allem auf der Ebene der Gemeinden unter aktiverer Einbeziehung der Laien.”[14]

Autorin: Prof. Dr. Angela Berlis, Bern, gekürzter Text


[1] Vgl. dazu ausführlich: Angela Berlis, Frauen im Prozeß der Kirchwerdung. Eine historisch-theologische Studie zur Anfangsphase des deutschen Altkatholizismus, Frankfurt a.M. 1998. – Auf das anglikanische Interesse an der Kirche von Utrecht kann aus Platzgründen nicht näher eingegangen werden. Vgl. John Mason Neale, A History of the so-called Jansenist Church of Holland, Oxford 1858.

[2] So Victor Conzemius, zitiert bei Peter Neuner, Döllinger als Theologe der Ökumene, Paderborn 1979, 178.

[3] Vgl. zum Folgenden: Heinrich Reusch (Hg.), Bericht über die 1874 und 1875 zu Bonn gehaltenen Unions-Conferenzen. Neudruck der Ausgabe in zwei Bänden von 1874 und 1875, (Schriftenreihe des Altkatholischen Seminars der Universität Bonn, Reihe A, 2), Bonn 2002; vgl. auch Neuner, Döllinger.

[4] Abdruck der Erklärung bei: Küry, Die Altkatholische Kirche, 466.

[5] Abdruck der Erklärung bei: Küry, Die Altkatholische Kirche, 467.

[6] Abdruck der Erklärung bei: Küry, Die Altkatholische Kirche, 468. Auf die Hintergründe dieses Sinneswandels kann hier nicht näher eingegangen werden. Er steht jedoch im Zusammenhang mit einer seit Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden kirchlichen und theologischen Neuorientierung und Erneuerung der niederländischen altkatholischen Kirche.

[7] Abdruck der Erklärung bei: ebd.

[8] Zitiert bei Frei, Die altkatholisch-anglikanische Vereinbarung, 215.

[9] Abdruck des Protokolls der Unionskonferenz vom 2. Juli 1931 in Bonn bei: Küry, Die Altkatholische Kirche, 468-478.

[10] Abdruck des Textes in: ebd., 477f.; Harding Meyer / Hans Jörg Urban / Lukas Vischer (Hg.), Dokumente wachsender Übereinstimmung. Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene 1931-1981, Bd. I, Paderborn – Frankfurt  1983, 77-79.

[11] Lukas Vischer, Das Bonner Abkommen von 1931 im Lichte der ökumenischen Bewegung, in: IKZ 71 (1981), 237-253, hier 240.

[12] Ebd., 248f., hier 249.

[13] Die Beiträge dieser Konferenz wurden im Jahr 2007 in einem Sonderheft der IKZ veröffentlicht.

[14] Christen heute. Zeitschrift der Altkatholiken 50 (2006), 224.