Wurzeln in der katholischen Tradition – leben aus dem evangelischen Geist der Freiheit
Entschlossen will der neu geweihte alt-katholische Bischof Dr. Matthias Ring mit seiner Kirche den Herausforderungen der Gegenwart begegnen.
Am heutigen Samstag (20. März 2010) wurde der Regensburger Pfarrer Dr. Matthias Ring in der Evangelischen Stadtkirche in Karlsruhe durch seinen Vorgänger Bischof Joachim Vobbe zum 10ten Bischof des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland geweiht. Rund 1.000 Menschen, darunter zahlreiche geladene Gäste und Vertreter aus Religion, Politik und Gesellschaft, machten diesen Gottesdienst zu einem ökumenischen Fest und gesellschaftlichen Ereignis.
Die Bischöfe aller alt-katholischen Kirchen in Europa waren fast vollzählig angereist. Ebenfalls anwesend waren Bischöfe der Anglikanischen Kirche, mit der die Alt-Katholische Kirche seit 1931 in Kirchengemeinschaft steht. Außerdem nahmen hohe kirchliche Würdenträger und Geistliche der evangelischen Kirche, der Orthodoxie und ein römisch-katholischer Weihbischof an der feierlichen Zeremonie teil. Mit dem Rektor des Abraham Geiger Kollegs, Prof. DDr. Walter Homolka, war auch ein Vertreter des liberalen Judentums nach Karlsruhe gekommen. Gläubige aus allen alt-katholischen Gemeinden des deutschen Bistums hatten sich zusammen mit ihren Geistlichen zur Weihe ihres neuen Oberhaupts eingefunden, gemeinsam mit zahlreichen Gläubigen aus alt-katholischen Gemeinden der Niederlande, der Schweiz, Österreichs, Polens und Tschechiens sowie aus anglikanischen, evangelischen, freikirchlichen, orthodoxen und römisch-katholischen Gemeinden.
Der alt-katholische Bischof von Haarlem, Dr. Dirk Schoon, betonte in seiner Predigt, dass es Aufgabe eines Bischofs sei, »dem Glauben auf eine ansprechende und herausfordernde Art Gestalt zu geben« und »denen, die keine Stimme haben, die geknickt sind und nur noch glimmen«, in besonderem Maße Gehör zu verschaffen. Er schilderte seinen neuen Amtsbruder, den er von zahlreichen persönlichen
Begegnungen gut kennt, als einen bescheidenen Menschen, ausgestattet mit nüchterner Weisheit, Sachlichkeit und einem gehörigen Maß an Humor und Optimismus.
Ein besonders beeindruckender Moment der feierlichen Liturgie war die schweigende Handauflegung durch alle anwesenden alt-katholischen und die in Kirchengemeinschaft stehenden anglikanischen Bischöfe.
»Ist unsere Art Kirche zu sein in Übereinstimmung mit dem Ursprung?«, das sei die zentrale Frage, die ein Bischof immer wieder stellen müsse, sagte der Erzbischof von Utrecht, Dr. Joris Vercammen, der den Reigen der Segensvoten eröffnete, und bat den Neugeweihten diese in der internationalen altkatholischen Bischofskonferenz stets wach zu halten.
Der leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) und Vertreter des amtierenden Ratsvorsitzenden der EKD, der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern Dr. Johannes Friedrich, hob in seinem Segenswort auf die Vereinbarung zwischen Evangelischer und Alt-Katholischer Kirche in Deutschland über die gegenseitige Einladung
zum Abendmahl von 1985 ab und sagte: »Auch andere Kirchen können sich daran ein Vorbild nehmen«. Nach diesen Worten brandete spontaner und langanhaltender Applaus auf.
Der griechisch-orthodoxe Metropolit von Deutschland, Augoustinos, reichte dem Neugeweihten symbolisch »den frischen Olivenzweig der Gastfreundschaft über den Rhein« (beide Bischöfe residieren in Bonn).
Prof. DDr. Walter Homolka überbrachte die Grüße und Segenswünsche von 2 Millionen liberalen Juden. Es sei für ihn eine Freude, »als Freund bei Freunden zu sein«, und ein Ausdruck besonderer Verbundenheit mit der alt-katholischen Kirche, dass er am Sabbat an einer katholischen Bischofsweihe teilnehme.
Sich als kleine Kirche ohne Angst den Fragen der Zeit zu stellen und aus dem reichen Schatz der 2000 Jahre alten christliche Botschaft eine überzeugende Antwort auf die Fragen der Gegenwart zu geben, ohne sich modischen Trends anzubiedern oder hinterherzulaufen: Das ist eine der Leitlinien des neuen Bischofs Dr. Matthias Ring. Viel auf Reisen wird er am Anfang sein, denn in den ersten beiden Jahren
will er alle seine Gemeinden deutschlandweit besuchen. So wird der eigens für die Weihe von dem Gold- und Kunstschmied Hermann Stadelmeier gestaltete Bischofstab auch zum symbolischen Wanderstab für einen Hirten, der sich in der katholischen Tradition verwurzelt weiß und zugleich aus dem evangelischen Geist der Freiheit lebt. »Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit« – mit seinem Leitspruch aus 2 Timotheus 1,7 im Herzen will sich der neue Bischof mutig und unaufgeregt den Herausforderungen seines neuen Amtes stellen.
»Sie haben einen Bischof gewählt und keinen Messias«, meinte der neugeweihte Bischof Dr. Matthias Ring am Ende des Gottesdienstes, und bat darum: »Nehmen Sie mich als Menschen, auch wenn ich Ihnen in Mitra und mit Bischofsstab gegenübertrete«.
Ralph Kirscht, Bonn