Vom 7. bis 15. März besuchten Mitglieder der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz (IBK) die Episkopalkirche (The Episcopal Church – TEC), die anglikanische Kirche in den USA. Mike Klusmeyer, Bischof von West-Virginia hatte die altkatholischen Bischöfe dazu eingeladen. Er ist seit vielen Jahren Repräsentant der TEC bei der IBK und wurde in dieser Zeit zu einem guten Freund. Die Delegation bestand aus Erzbischof Joris Vercammen und den Bischöfen John Okoro, Harald Rein, Dusan Hejbal und Dirk Jan Schoon, denen im Kanuga Conference Center in Hendersonville/North Carolina ein sehr herzlicher Empfang bereitet wurde. Der Besuch bestand aus zwei Teilen: einem theologischen Austausch über das Thema ‚Die Kirche in einer säkularisierten Gesellschaft‘ und der Teilnahme am Treffen aller Bischöfe (‚House of Bishops‘) der TEC.
Theologischer Austausch
Von Seiten der TEC nahmen vier Theologen am Gedankenaustausch teil. Am Montag, 9. März behandelte Dr. Cynthia Kittredge, Dekanin des Seminars der Episcopal Church in Austin, Texas, biblisch-theologische Aspekte von Macht und Herrschaft. Sie brachte verschiedene Perioden der Geschichte Israels und der Frühen Kirche zur Sprache und machte deutlich, dass sich Bibeltexte auf verschiedene Arten auswirkten, je nach der gesellschaftlichen Position der Gruppe, für die sie geschrieben wurden. Am nächsten Tag waren Dr. Roger Ferlo, Rektor des Semiars in Chicago und Dr. Ian Markham, Dekan des Virginia Theological Seminary in Washington DC an der Reihe. Sie reagierten auf einen Vortrag von Bischof Harald Rein über die Säkularisierung insbesondere in der Schweiz. Dr. Ferlo schloss daran an mit der Erörterung dreier Geschehnisse, die seiner Meinung nach mit Säkularisation zu tun haben: Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, welches das Aufhängen eines Kreuzes in italienischen Schulzimmern erlaubt, weil es als säkulares Symbol allgemeiner menschlicher Werte betrachtet wurde. Die Annahme der Initiative in der Schweiz, die den Bau von Minaretten verbot und die Reaktionen auf den Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo. Am Schluss behandelte Dr. Tom Ferguson, der ehemalige Verantwortliche der TEC für die Ökumene und gegenwärtiger Dekan des Seminars in Chicago, die Beziehungen, die seine Kirche mit den altkatholischen Kirchen der Utrechter Union unterhält. Er erläuterte, dass die Motivation für die engen Kontakte viel mit der gesellschaftlichen Position der altkatholischen Kirchen zu tun habe, die wie die TEC in den USA Minderheitskirchen in einer stark säkularisierten Welt seien. Die darauf folgenden Lesungen und Diskussionen bestätigten die vergleichbare Situation unserer Kirchen und zeigten gleichzeitig, dass sie gleiche Methoden suchen um ihre Identität in der sich verändernden Umwelt festzuhalten und anzupassen.
House of Bishops
Die Episcopal Church hat zwei Kammern von Delegierten: das der Bischöfe und das der anderen Geistlichen und der Laien. Die Bischöfe kommen zweimal jährlich zusammen. Diese Meetings haben einen doppelten Charakter. Einerseits stärken sie die gemeinsame Spiritualität durch Feiern und Raum für Besinnung und persönliches Gebet. Andererseits wird dabei über die Leitung der Kirche gesprochen. Der erste Aspekt kam während dieser Zusammenkunft etwas zu kurz, weil wichtige Themen besprochen werden mussten. So wurde ein ganzer Tag reserviert für die Beschäftigung mit den Folgen der Sklaverei und dem daraus entstandenen – und angesichts der neuesten Geschehnisse in Ferguson/Missouri noch immer bestehenden – Rassismus. In der Vergangenheit war die TEC vor allem eine ‚weisse‘ Kirche mit ziemlich vielen Mitgliedern, die durch die Arbeit schwarzer Sklaven reich geworden sind. Ein anderes Thema die Segnung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen und deren Verhältnis zum Sakrament der Ehe. In einigen Bistümern sind die Meinungen darüber so unterschiedlich, dass man Angst vor einer Kirchenspaltung hat. Ausserdem wurde über die Neubesetzung des Amtes des/der presiding bishop, gesprochen, da die jetzige Amtsinhaberin, Katharine Jefferts Schori diese Funktion im kommenden Herbst nach neun Jahren niederlegt.
Da einige Bischöfe der TEC zwar schon einmal von den Altkatholiken gehört haben, aber trotzdem nicht wussten was Altkatholizismus genau ist, wurden wir gebeten, die Utrechter Union vor dem House of Bishops zu präsentieren. Erzbischof Vercammen schilderte den Charakter der Utrechter Union und Bischof Rein erklärte die ökumenischen Beziehungen der altkatholischen Kirchen. Dabei spielten zwei wichtige Themen eine Rolle, die die altkatholischen Bischöfe mit ihren Kollegen der TEC auch ausserhalb der Sitzungen besprachen. Zum Ersten ging es um die amerikanischen ‚Altkatholischen Gruppen‘, die sich bei der TEC melden und behaupten, dass sie zur Utrechter Union gehören, obwohl die europäischen Altkatholiken in Amerika mit keinen anderen Kirchen als mit der TEC in Full Communion stehen. Zum Zweiten ging es um die Situation in Europa mit den verschiedenen Jurisdiktionen von Altkatholiken und Anglikanern, für die schon seit langem nach einer Lösung gesucht wird.
Die altkatholischen Bischöfe hoffen, dass sie mit ihrem Besuch nicht nur die Beziehungen, die die beiden Kirchen als Schwesterkirchen mit einander verbinden stärken konnten, sondern dass daraus auch mehr Deutlichkeit über den zukünftigen, gemeinsamen Kurs unserer Kirchen in Europa und in den USA geschaffen werden konnte.
Amsterdam, März 2015
Dirk Jan Schoon, Bischof von Haarlem