Vom 14. – 18. Februar fand in Beirut eine erste Gesprächsrunde zwischen Vertretern der armenisch-apostolischen Kirche und den altkatholischen Kirchen der Utrechter Union statt. Die armenisch-apostolische Kirche ist eine jener Kirchen, die seit Mitte des fünften Jahrhunderts einen anderen Weg gegangen sind als die orthodoxen Kirchen (im Osten) und die katholische Kirche (im Westen). In der ökumenischen Welt ist die armenisch-apostolische Kirche besonders aktiv. Aus diesem Grund beschloss die Internationale Altkatholische Bischofskonferenz mit ihr eine gemischte Arbeitsgruppe zu soziokulturellen und ethischen Fragen zu bilden. Ziel ist es, einander besser kennen zu lernen und gemeinsam über Herausforderungen nachzudenken, die sich den Kirchen durch gesellschaftliche Entwicklungen stellen, wie die Rolle der Frau in Kirche und Gesellschaft (Frauenweihe), der Umgang mit den Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen (Akzeptanz und Segnungen) und dem Ende des Lebens (Sterbehilfe etc.).
Von altkatholischer Seite gehören der Arbeitsgruppe Bischof Dr. Harald Rein (Schweiz), die Professoren Dr. Andreas Krebs (Bonn), Dr. Peter-Ben Smit (Utrecht) an. Als Berater ist Dr. Abel Manoukian (Sekretär des Schweizer Rates der Religionen) dabei. Von armenisch-apostolischer Seite gehören der Arbeitsgruppe an: Bischof Shahe Panossian, Primate/Erzbischof des Libanon, Pfr. und Ökumenebeauftragter Hrant Tahanian, Pfr. und Direktor des Priesterseminars Boghos Tinkjian, Frau Teny Pirri-Simonian, Beauftragte der Armenisch-apostolischen Kirche beim ÖRK in Genf und Co-präsidium, Frau Seta Khedeshian, Vorsitzende verschiedener Sozialwerke der Armenisch-Apostolischen Kirche im Libanon und Frau Araz Kojayan, Wissenschaftlerin im Bereich Gender und Familie. Auch seine Heiligkeit, der Katholikos von Kilikien, Aram I, nahm an einigen Sitzungen teil.
Die beiden Delegationen trafen sich in Antelias, einem Vorort von Beirut, da die armenisch-apostolische Kirche größtenteils außerhalb Armeniens beheimatet ist. Von den rund 8 Millionen Mitgliedern leben 4-5 Millionen seit der systematischen Verfolgung der Armenier im Osmanischen Reich und im türkischen Staat (ab Ende des 19. Jahrhunderts) in der Diaspora.Daraus ergeben sich besondere Herausforderungen: Fragen, die sich z.B. den in den USA lebenden Armeniern stellen, stellen sich nicht, oder auf ganz andere Weise Armeniern in der Republik Armenien oder im Nahen Osten. Gleichzeitig spielte und spielt die armenisch-apostolische Kirche eine wichtige Rolle bei der Bewahrung der armenischen Kultur – ethnische Identität und religiöse Identität decken sich fast vollständig.
Bei diesem ersten Treffen ging es vor allem um die Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft und den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Dies führte zu guten Gesprächen in einer sehr offenen Atmosphäre, mit manchmal sehr überraschenden Einsichten, wie z.B. dem großen Wert, den die armenisch-apostolische Kirche darauf legt, einen Diakonat zu haben, der auch für Frauen offen ist und der sich in keiner Weise von dem der Männer unterscheidet.Es gab viel Raum um Fragen in einen breiteren Kontext zu stellen – und ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass Fragen wie die Weihe von Frauen und die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften nicht unbedingt alle Probleme der Diskriminierung an sich lösen, sondern wichtige Zeichen sind. Es wird erwartet, dass die Forderung nach Geschlechterrollen in Gesellschaft und Kirche auch in der nächsten Sitzung etwas breiter diskutiert wird.
Peter-Ben Smit